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Erwerb einer Eigentumswohnung – Teil 2

Nachdem im ersten Teil geschichtliche Zusammenhänge und wichtige Grundbegriffe behandelt wurden, gibt der folgende Beitrag weitere Ratschläge für den Erwerb einer Eigentumswohnung.

3. Die Wohnungseigentümergemeinschaft

Mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung “tritt” man in eine Gemeinschaft ein. Mit Eintritt in diese Gemeinschaft ist der einzelne Eigentümer vielfältigen Beschränkungen unterworfen, die sich zwangsläufig aus der Bindung der sachenrechtlichen Elemente (Sonder- und Teileigentum in Verbindung mit Gemeinschaftseigentum) und dem engen, einer Mitgliedschaft ähnlichen Zusammenleben unter einem Dach ergeben. Der Individualität des einzelnen Eigentümers sind damit teilweise recht enge Grenzen gesetzt, soweit es um gemeinschaftliche Belange geht oder das Sondereigentum bzw. Miteigentum anderer betroffen ist. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist damit eine Zweckgemeinschaft besonderer Art. Deren “Mitglieder” können sowohl natürliche Personen (d.h. lebende Menschen) als auch juristische Personen (z.B. eine GmbH oder AG) sein. Die Eigentümergemeinschaft selbst kann Trägerin von Rechten und Pflichten sein; sie kann in eigenem Namen aktiv oder passiv legitimiert, d.h. Prozesspartei sein.

Besonderheiten insbes. beim Stimmrecht in einer Versammlung ergeben sich bei einer „neugegründeten” WEG, bei der noch kein Erwerber als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, sondern lediglich eine Auflassungsvormerkung zur Eintragung gelangt ist, der Verkäufer ansonsten aber noch als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Auch wenn neben dem Veräußerer der ersten Käufer als Eigentümer eingetragen wird, ergeben sich weitere Besonderheiten. Sollte eine der vorbeschriebenen Lagen gegeben sein, wird angeregt, sich von sachkundiger Seite individuell unter Berücksichtigung des speziellen Einzelfalles beraten zu lassen.

4. Allgemeine Ratschläge vor und nach dem Erwerb

Die nachstehenden Aufzählungen gelten für alle Arten von Sondereigentumserwerb; in lit. k) wird auf Besonderheiten bei der inzwischen weit verbreiteten Erscheinungsform von Wohnungseigentümergemeinschaften eingegangen, bei denen das Sondereigentum nicht aus Stockwerkswohnungen, sondern aus Reihenhäusern o.Ä. besteht.

Vor dem Kauf einer Eigentumswohnung oder anderem Sondereigentum sollte zur Vermeidung nicht eingeplanter finanzieller und rechtlicher Nachteile auf folgendes geachtet werden:

a) Miete und Finanzierung

Soll eine bereits vermietete Eigentumswohnung erworben werden, darf auf keinen Fall die Miete in die Finanzierung der Eigentumswohnung einbezogen werden. Aus mehreren Gründen, die überwiegend nicht im Einflussbereich des Erwerbers und damit Vermieters stehen, sind Mietausfälle denkbar.

So können seitens des Mieters eine plötzliche Arbeitslosigkeit, eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, unberechtigte oder auch berechtigte Mietminderungen wegen Mängel der Mietsache, einer Überschuldung des Mieters oder auch reine Zahlungsunwilligkeit zu einem Mietausfall führen. Zwar ist es möglich, dem Mieter wegen Zahlungsverzuges zu kündigen und eine entsprechende Räumungsklage anhängig zu machen, ferner auf Zahlung des Mietzinses zu klagen. Dies benötigt aber bis zum gewünschten Ergebnis viele Monate. Mit jedem Monat Mietausfall gerät die Finanzierung in eine größere Schieflage. Die finanzierende Bank interessiert regelmäßig nicht, warum die Zins- und Tilgungszahlungen des Erwerbers nicht mehr eingehen. Sie wird nach Kündigung des Darlehensvertrages die Wohnung zwangsverwalten oder/und zwangsversteigern lassen. Mit überbrückenden Zwischenfinanzierungen der Mietausfälle gerät der Eigentümer immer weiter in die Abhängigkeit des Geldinstitutes.

Auch wenn der Verkäufer „Mietgarantien” gibt, ist genau darauf zu achten, was im Falle der Nichtzahlung durch den Mieter geschehen kann. So besteht die Gefahr, dass der Verkäufer, z.B. eine GmbH oder AG, selbst in Zahlungsschwierigkeiten ist; die Haftsumme bzw. das Eigenkapital der GmbH reicht regelmäßig dann nicht aus. Ist dies nicht der Fall, muss u.U. erst ein Prozess gegen den Veräußerer geführt werden, wiederum mit Zeitverlust, was zu den o.g. Folgen führen kann.

Selbst wenn der Zahlungsprozess dann zum Obsiegen des Vermieters geführt hat, ist nicht sicher, ob sowohl die Hauptforderung, als auch die vorzuentrichtenden Verfahrenskosten beim Schuldner (Mieter) je beigetrieben werden können. Gleiches gilt für den Räumungsrechtsstreit. Regelmäßig verlangen Gerichtsvollzieher vor Räumungen vom Auftraggeber Vorschuss bis etwa zu 2.500,00 €. Auch hier bleibt der Gläubiger u.U. auf sämtlichen Verfahrens- und Vollstreckungskosten sitzen. Für den Rechtsstreit gegen den garantiegebenden Veräußerer gilt Vorstehendes sinngemäß.

b) Vorüberlegungen

Einsichtnahmen in den gültigen Wirtschaftsplan (der Gemeinschaft) und dem daraus herrührenden Einzelwirtschaftsplan (für die Wohnung) ist unerlässlich. Insbesondere aus dem Einzelwirtschaftsplan ergibt sich, wie hoch die monatliche Belastung durch Hausgeld ist. Unter Hausgeld oder auch Wohngeld wird die monatliche Vorauszahlung auf die Betriebskosten der Liegenschaft zzgl. Rücklagen für Instandhaltungen verstanden, vergleichbar mit der (erweiterten) monatlichen Betriebskostenvorauszahlung bei einer Mietwohnung. Wird die Einsichtnahme vom Verwalter, Makler oder dem Verkäufer verweigert, sollte von einem Kauf Abstand genommen werden. Aufgrund der neueren Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 20.09.00) ist es notwendig, auch Einsicht in die Teilungserklärung, insbesondere in die Gemeinschaftsordnung zu nehmen. Selten prüfen Erwerber die Gemeinschaftsordnung oder die Teilungserklärung und sind dann überrascht, welchen Reglementierungen sie sich (wie andere Erwerber auch) mit Unterzeichnung des Kaufvertrages unterworfen haben.

Der BGH hat nämlich in vorgenanntem Beschluss bestimmt, dass (kurz gesagt) Belange, welche die Gemeinschaft auf Dauer betreffen, nur durch Vereinbarungen, d.h. Zustimmung aller Eigentümer geändert oder begründet werden können. Das bedeutet, dass Beschlüsse, die nicht im Einklang mit der Gemeinschaftsordnung stehen, nichtig sind und jederzeit von einem Eigentümer beim zuständigen Gericht angefochten werden können, mit dem Ergebnis, dass wieder die alte Regelung der Teilungserklärung gilt.

Seit 01.07.07 ist der Verwalter verpflichtet, eine Beschlusssammlung zu führen, aus deren Inhalt sich die Beschlusslage ergibt, aber auch die Liegenschaft betreffende Gerichtsentscheidungen. Eine Einsicht in diese Sammlung ist ebenfalls wichtig.

Keinesfalls sollte nur ein Gehalt zur Deckung des Hausgeldes und der jährlichen Verwaltungsabrechnung (= tatsächliche Kosten des letzten Wirtschaftsjahres) eingerechnet werden. Besser ist, wenn zumindest teilweise für Ersatz gesorgt ist, fällt ein Gehalt aus unterschiedlichen Gründen aus. Kommt ein Eigentümer mit seiner monatlichen Zahlung in Verzug, können ihn die anderen Eigentümer auf Zahlung in Anspruch nehmen. Kann nach Durchführung der gerichtlichen Geltendmachung auf den Titel (Beschluss) nicht gezahlt werden, führt dies ebenfalls zur Zwangsverwaltung oder/und Zwangsversteigerung. Hier empfiehlt sich eine Rückstellung von Hausgeldern mindestens in Jahreshöhe.

Viele Wohnungseigentümergemeinschaften haben einen Beschluss gefasst, wonach das Hausgeld als sogen. “Jahresschuld” festgelegt ist, welche in monatlichen Raten bezahlt werden kann. Kommt ein Eigentümer z.B. mit 2 monatlichen Raten in Verzug, wird mit Verzug der zweiten Rate das gesamte Hausgeld (vor-)fällig. Dies hat für die WEG den Vorteil, dass nicht einzelne monatliche Hausgelder gerichtlich geltend gemacht werden müssen, sondern der gesamte (restliche) Jahresbetrag. Dies können, je nach Einzelwirtschaftsplan, mehrere tausend Euro sein, so dass regelmäßig Zahlungsunfähigkeit des schuldenden Eigentümers eintritt, mit den vorerwähnten vollstreckungsrechtlichen Folgen. Derartige Beschlüsse werden regelmäßig für ein Wirtschaftsjahr gefasst. Unerlässlich ist deshalb auch hier die Einsicht in diejenigen Versammlungsprotokolle, die einen derartigen Beschluss dokumentieren.

c) Grundsätzliche Anforderungen an die Hausverwaltung

Wichtig sind Informationen über die Seriosität und Professionalität des Verwalters oder der Verwalterfirma. An die Betreibung einer Verwalterfirma sind (leider) geringe Anforderungen gestellt. Letztendlich genügt ein Gewerbeschein. Nicht selten führt eine schlechte Verwaltung zu Forderungsausfällen der Gemeinschaft, zu Schäden am Gemeinschafts- oder Sondereigentum sowie zu Verfahrenskosten, die regelmäßig von der Gemeinschaft zu tragen sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Verwalterfirma mit einer geeigneten Anwaltskanzlei zusammenarbeitet (Vorteile des eingespielten Teams). Auch der Verwaltungsbeirat sollte zumindest kaufmännische Kenntnisse haben.

d) Protokolleinsicht – Einsichtnahme in die Protokolle der Eigentümerversammlung mindestens der letzten drei Jahre und in die ab dem 01.07.07 zu führende Beschlusssammlung

Daraus ergibt sich u.U., ob eine teure, in der Finanzierung regelmäßig nicht berücksichtigte, weil nicht bekannte, Sonderumlage (z.B. Dachsanierung, Balkonsanierung etc.) beschlossen wurde, deren Fälligkeitszeitpunkt z.B. erst nach Eigentumserwerb (Eintragung des Käufers im Grundbuch) eintritt, so dass der Neuerwerber für die Folgen eines von ihm nicht beschlossenen Beschlusses finanziell einzustehen hätte. Sollte eine derartige Lage gegeben sein, sollte dies im Kaufvertrag preismindernd berücksichtigt werden. Diese Berücksichtigung im Innenverhältnis (Verkäufer – Käufer) hat allerdings keine Auswirkungen im Außenverhältnis (Käufer – Wohnungseigentümergemeinschaft). Schuldner bleibt (oder wird) der zum Fälligkeitszeitpunkt im Grundbuch eingetragene Eigentümer; d.h.:

Alles was der Erwerber mit dem Verkäufer ausmacht, z.B. wer welche Sonderumlage zu zahlen hat oder wann Nutzen und Lasten auf den Käufer übergehen, hat keinerlei Bindungswirkung im Verhältnis Neueigentümer – Eigentümergemeinschaft, sondern bindet ausschließlich die Vertragsparteien des Kaufvertrages.

Bei älteren Wohnanlagen sollten neben der Teilungserklärung auch die Protokolle der ersten beiden Eigentümerversammlungen eingesehen werden. Nicht selten werden am Anfang einer Eigentümergemeinschaft wichtige organisatorische Dinge beschlossen oder Vereinbarungen (= allstimmige Beschlüsse) getroffen, welche nicht selten im Widerspruch zur Teilungserklärung und der darin befindlichen Gemeinschaftsordnung stehen. Auch hier gilt, dass aufgrund der neuen Rechtsprechung des BGH derartige Beschlüsse u.U. nichtig sein könnten, was allerdings zunächst vom zuständigen Gericht geklärt werden müsste. Weitere Grundlagen, aus denen sich Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer ergeben, stellen gerichtliche Entscheidungen sowie gerichtliche Vergleiche dar. Sowohl ein Prozessvergleich, als auch eine gerichtliche Entscheidung sind für die Beteiligten je nach Inhalt grundsätzlich bindend.

e) Instandsetzungsrücklage – Abgrenzung zur Rückstellung

Besteht eine ausreichend hohe Instandsetzungsrücklage? Gerade bei Häusern aus den 70er Jahren und erst recht davor fallen nicht selten umfangreiche Instandsetzungen von Fassaden, Flachdächern, Balkonen etc. an. Besteht keine oder eine zu geringe Reparaturrücklage, muss eine Sonderumlage beschlossen werden, deren Belastung für den jeweiligen Eigentümer schnell 5.000,00 € überschreiten kann, bei Nichtzahlung mit den vorgenannten Folgen. Fehlt eine Instandsetzungsrücklage, sollte vom Erwerb Abstand genommen werden. Wird aus den Protokollen oder Wirtschaftsplänen ersichtlich, dass eine Reparaturrückstellung gebildet ist, kann davon ausgegangen werden, dass diese nur für eine bestimmte Maßnahme vorgesehen; mit einer Reparaturrücklage somit nicht zu vergleichen ist und auch nicht als solche behandelt werden darf.

f) Mitbewohner

Sind Querulanten in der Wohnungseigentümergemeinschaft, die fast jeden Beschluss (insbes. Verwaltungsabrechnungen) anfechten und jede Wohnungseigentümerversammlung zur Marathonsitzung geraten lassen, sollte der Kauf dringend überdacht werden. Fragen Sie den Verkäufer am besten schriftlich oder im Beisein von Zeugen danach. Verschweigt der Verkäufer dies (nachweislich) wider besseres Wissen, kann der Kaufvertrag u.U. wegen arglistiger Täuschung angefochten werden.

g) Lagerspaltung

Ist die Eigentümergemeinschaft in zwei oder mehrere Lager gespalten, mit der Folge, dass der “Neueinsteiger” u.U. zwischen den Fronten zerrieben wird, sollte ebenfalls nach einem anderen Objekt gesucht werden.

h) Majorisierung

Sind mehrere Wohnungen in einer Hand, kann das zur Folge haben, dass sich, je nach Gestaltung des Stimmrechts, der Mehrheitseigentümer zum “Blockwart” geriert und nach Gutdünken grundsätzlich fast alle Beschlüsse fassen kann (z.B. aufwendige Neugestaltung der Außenanlagen). Vorteilhaft ist deshalb ein Stimmrecht “pro Kopf” und nicht nach Miteigentumsanteilen. Die Ausgestaltung des Stimmrechts ergibt sich regelmäßig aus der gültigen Teilungserklärung. Es können allerdings von der Teilungserklärung abweichende Beschlüsse bestehen, die mangels Anfechtung rechtswirksam sein können. Auch dies kann nur durch Studium der Protokolle vorausgegangener Eigentümerversammlungen herausgefunden werden.

Im Grundbuch festgelegte Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen können nur durch Vereinbarungen (= Einstimmigkeit aller Eigentümer) geändert werden. Ein Blick ins Grundbuch zeigt, ob eine andere oder ergänzende Teilungserklärung gilt.

Grundsätzlich ist vom Erwerb einer Eigentumswohnung in einer Liegenschaft abzuraten, in der ein Eigentümer (auch und gerade eine GmbH) mehrere Wohnungen besitzt. Gerät dieser Mehrheitseigentümer in Zahlungsschwierigkeiten oder in die Insolvenz, wird der Ausfall des Hausgeldes auf die anderen Eigentümer verteilt, was zu einer nicht unerheblichen Erhöhung auch des eigenen Hausgeldes führen kann.

Rechtsanwalt Peter Schmidt
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